Die Schwächen des Produkts werden ganz offen angesprochen und dadurch entwaffnend in Stärken übersetzt. Das Produkt wird in einem starken, für den Zweck des Produktes sehr guten, funktionalen Kontext gezeigt. Gleichzeitig konterkariert die unsexyness des Produktes den maximalen funktionalen Nutzen und hier kommt der Trick: Die Ebene der Sexyness, in der das Produkt funktionieren müsste, wird vom Betrachter auf die zweite Ebene übertragen. Hier funktioniert das Produkt funktionell und nicht attraktiv, der Betrachter hält, schlampig wie unsere Wahrnehmung arbeitet, die beiden Ebenen nicht auseinander und speichert „Produkt=Sexy“ ab.
Für den Smart bedeutet das, dass der Betrachter beim sehen des Spots abspeichert: „klar funktioniert der nicht im Gelände, doch wer den auch durch die Wüste tritt ist eben auch ein Vollidiot. Der funktioniert in der Stadt aber so gut wie ein Monter-Truck im Gelände. Eigentlich ist der Smart der Monster-Truck der Stadt!“ Zack, Smart mit Monster-Truck auf eine Ebene gehoben.
Für die Helm-Ladys bedeutet das, dass der Betrachter abspeichert: „klar trage ich den Helm nicht beim/vor dem Sex, doch die Models da sind heiß und haben bestimmt super Sex […Übertragung von Erotik Klischees go!…], eigentlich ist ein Helm auf dem Fahrrad so gut wie der Sex von/mit Models!“ Und wieder Zack, Models-Sex mit Fahrradhelmen im Kopf des Betrachters verbunden. Sozusagen das Hirn des Betrachters gefickt (jajaja, I know). Die Dimension des Humors, der durch den Spruch, „looks like Shit, but saves my life“ ist dabei enorm wichtig, denn ohne den würde die Verbindung der Sexy Models und der Helme nicht funktionieren, sondern die Abbildung nur ein weiterer plumper Versuch, mit Titten Zeug zu verkaufen sein und der/die Betrachter nach den üblichen 0,8 Sek. weiterblättern und sich nie wieder daran erinnern.
Und diese Hintertür unseres Bewusstseins bewusst genutzt für die Übertragung dieser Botschaft, nämlich, zieht eure Scheiss Helme an, ist einfach genial. Ob das den Schöpfern der Bilder bewusst war, sei dahingestellt, doch von dem Mechanismus der den Betrachter knackt, über das Medium auf dem die Zielgruppe erreicht wird, nämlich weibliche Teenies über eine Model-Show bis zur Durchführung wurde einfach alles richtig gemacht. Dass der Auftraggeber hier auch noch ein Ministerium war, die sonst eher den miesesten Werbescheiss raushauen und die Hater, die sich über Sexismus aufregen und dabei den Plakaten eine derartige Reichweite bescherten ist einfach noch eine tonnenschwere goldene Kirsche auf diesem geilen haushohen Sahnekuchen der psychologischen Werbeführung.
Was die Kritiker der Abbildungen angeht, so kann ich nur sagen, dass ich auch finde dass Heidi Klum mal dringend einen ernstgemeinten Therapieanlauf starten müsste, nicht für uns, sondern für Sie. Doch dann könnte man den Rest ihrer Jünger gleich mitschicken, denen ihr Äußeres so wichtig ist wie Ihnen ihr Inneres sein sollte (aber es sind eben verunsicherte Teenies [#Narzissmus]). Wer mit Heidi Klum kooperiert (weil´s so gut funktioniert) muss sich auch fragen lassen, ob er in der Politik mit der NPD in einer Abstimmung über z.B. die Verhinderung eines Kohlekraftwerkes koalieren würde, oder ob man sich da lieber nicht die Finger schmutzig machen würde. Zwischen Heidi Klum und der NPD gibt es für mich noch genug moralischen Abstand um diese Frage mit „Ja“ zu beantworten.
und: hat noch jemand die gestalteriasche Nähe zu Ligne Roset erkannt?
Bilder: Lignet Roset/Jung von Matt